Anura-Schüler/innen haben ab August ihr eigenes Deutschbuch
Es ist schon ein seltsamer Titel, den das neue Deutschlehrbuch für Schülerinnen und Schüler in Sri Lanka trägt: „Guter Mond du gehst so stille durch die Abendwolken hin“. Wie kann man auf so eine Idee kommen? Für „Insider“ liegt die Antwort auf der Hand:
Deutschunterricht am Anura-College, Matara, gibt es schon seit vier Jahren. Edeltrud Pinger, 2. Vorsitzende des Freundeskreises Neuwied-Matara, war nicht nur 12 Jahre lang Schulleiterin des Werner Heisenberg Gymnasiums in Neuwied, sondern zuvor und parallel zum Leitungsjob insgesamt 35 Jahre lang Lehrerin für Englisch und Französisch. Englisch war also wichtig, um sich in Sri Lanka verständlich zu machen und diente als Transportsprache, um Deutsch zu unterrichten, wonach sie immer wieder gefragt und auch darum gebeten wurde. Bei diesem Deutschunterricht, der für die Singhalesen sicherlich genau so schwierig war wie für Edeltrud Pinger das Sighalesische, wurde also auch gesungen, was oftmals leichter zu bewerkstelligen ist als das Sprechen. Also, diente das Lied aus dem frühen 19. Jahrhundert dazu – oder zumindest diese zwei Zeilten, die jetzt den Buchtitel ausmachen – , die neue Fremdsprache auch musikalisch zu erleben und sogar die gesungenen Worte durch Gesten zu verdeutlichen: anschaulich, unterhaltsam und einprägsam!
Nun ist es etwas anderes, ob man eine zuvor studierte und auch in Auslandsaufenthalten erprobte Fremdsprache unterrichtet, oder ob man seinen Schülern die eigene Muttersprache mit Hilfe einer Fremdsprache als weitere Fremdsprache vermittelt. Für Edeltrud Pinger, die nie Deutsch als Zweitsprache unterrichtet hat, war es eine Herausforderung, doch die linguistischen Grundlagen und vor allem die Freude am Unterrichten, machten den Weg nach vorn frei. Und was man dabei nicht alles über seine eigene, komplizierte, immer intuitiv angewandte Muttersprache lernt!
Unterrichtsmaterial, das über Jahre entworfen, kopiert und dann im Unterricht für Hotelangestellte in Koggala Beach und später an den Partnerschulen in Matara eingesetzt wurde, hatte noch keine richtige Struktur und Kontinuität. Das soll jetzt mit dem neuen Lehrbuch anders werden. Etwa neun Monate dauerte die Entwicklung ( – ein Zeitraum, in dem auch andere wunderschöne Entwicklungen stattfinden!!! – ) von der Idee über das Sammeln bereits eingesetzten Materials, der Konzeption von Grammatikerklärungen, kleinen Texten, Übungen, visuellen Hilfsmitteln in zwölf Lektionen bis hin zum Glossar und Appendix, in dem sich in Wort und Bild viele Informationen über Deutschland (natürlich die Nationalhymne), Lebensweise und Kultur (wie z. B. je ein sprachlich einfacheres Gedicht von Goethe und Mörike und natürlich die „Loreley“) wiederfinden.
Es wäre ganz schön teuer geworden, ein solches Buch layout-mäßig professionell in Farbe bearbeiten und dann drucken und binden zu lassen. Also, war ein wenig Heimarbeit angesagt: Papier kaufen, Farbkartuschen für den Tintenstrahldrucker, Softcover-Folien, Bindespiralen und ein kleines Gerät, das entsprechend der Spiralen locht und anschließend bindet. Geht doch!
Ein Sprachbuch aus dem Buchladen sieht gewiss professioneller, wahrscheinlich noch bunter und ansprechender aus. Doch was hier entstanden ist, kann sich sehen lassen. Es ist eine erste Auflage von ca. 50 Exemplaren, die beim nächsten Aufenthalt von Edeltrud Pinger am Anura College im August/September 2015 eingesetzt werden sollen. Und da der Unterricht immer nur zeitlich begrenzt sein kann und bis zum nächsten Jahr nicht zuviel vergessen werden soll, wird z. Zt. noch eine CD erstellt, also ein Tonträger mit Audio-Material, das parallel zum Buch eingesetzt werden kann, zum Hören, Nachsprechen, Üben.
Die Autorin ist ganz zufrieden mit ihrem Erstlingswerk, obwohl sich bei jedem Durchblättern wieder Alternativen auftun, kleine Ungenauigkeiten entdeckt werden, ….oder das Blatt zunächst an der falschen Seite gelocht wurde. Die erste Auflage bleibt jetzt wie sie ist – bei der zweiten können dann wieder Modifikationen oder Ergänzungen vorgenommen werden. Bleibt nur noch der Transport nach Sri Lanka – Gut, dass wieder drei Freundeskreismitglieder auf Reisen gehen, dass nur wenige „Klamotten“ bei den Temperaturen in Sri Lanka nötig sind und so die Bücher auf die Koffer verteilt werden können.