Der Tag des Vollmonds – Perahera auf den Straßen von Matara
Emsiges Treiben am Nachmittag auf den Straßen und Plätzen der Stadt, aber auch und vor allem am Meeresufer. Viele Familien nutzen diesen Festnachmittag – der Umzug selbst findet erst bei einbrechender Dunkelheit, also ca. 18 – 19 Uhr statt – um mit der Familie und Freunden einen Spaziergang an der Strandpromenade zu machen, oder zu dem kleinen Tempel zu wandern, der über einen großen Steg über das Wasser auf einer Anhöhe liegt. Lotusblüten werden gekauft, die Schuhe unten ausgezogen, bevor man sich über die kleine Brücke zu der Anlage aufmacht. Die meisten Menschen, vor allem die gläubigen Buddhisten, ganz in Weiß gekleidet, bleiben vor der Buddha Statue stehen, legen ihre Blumen ab, sprechen Gebete oder verharren konzentriert in einer kleinen Meditation. In einem angrenzenden Saal sitzen über hundert Personen, wieder alle in weißer Kleidung und fast ausschließlich Frauen, auf dem Fußboden und lauschen den Worten eines Mönchs, der auf einem Stuhl sitzend predigt, gekleidet in seiner orangenen Kutte, die eigentlich eher ein Wickeltuch ist, das Schultern, Kopf und Arme freilässt. Auf dem Weg in die Stadt zurück zu dem Ort, wo man für Frau Pinger sogar einen Platz reserviert hat, geht es vorbei an Hunderten von Schülern und anderen Teilnehmern, die sich jetzt in Gruppen an Nummerntafeln aufstellen, um der geplanten Reihenfolge des Umzugs gerecht zu werden. Viele Anuraschülerinnen sind auszumachen, in einheitliche Gewänder gekleidet, Blumen, Palmwedel, Ährengebinde und Ähnliches schwenkend, viele Schüler der Mantinda Tempel Schule als Fahnenträger, Peitschenknallern oder in anderer Funktion stellen sich ebenfalls in ihrer Gruppe auf. Die betreuenden Lehrer sind dabei, und bald kann es losgehen.
Da ist auch noch der große Elefant, der über und über geschmückt wird, sogar die Hülle für seine Ohren – zugegebenermaßen kleiner als die seines afrikanischen Verwandten – sind aus seidigem Stoff, der mit Lichtelementen besetzt ist. Auf seinem Rücken wird eine Art Heiligenschrein befestigt, in dem sich wohl eine Reliquie Buddhas befinden soll. Etliche Quadratmeter Brokatstoff in Rot und Gold hüllen den Koloss ein, und tausend Lämpchen lassen auch in der Dunkelheit seine Kontur erkennen. Edeltrud Pinger darf ihn sogar mit einer Melone füttern, so dass er jetzt für den Umzug bestens gerüstet ist.
Man braucht noch etwas Geduld, bevor sich der Lindwurm in Gang setzt. Für den deutschen Gast und Begleiter sind Stühle in der ersten Reihe des Ehrenpavillons reserviert. Es ist brechend voll und hunderte, vielleicht auch tausende Menschen sitzen und stehen an den Straßenrändern. Dann kommt noch eine Gruppe junger Mönche, und die Ehrfurcht der Buddhisten gebietet es, ihnen Platz zu machen. War es das mit dem Platz im Ehrenpavillon?
Einer der Organisatoren schafft es, noch ein paar Stühle zu besorgen, so dass der ersten Reihe noch eine vorgeschoben werden muss. Auch das geht noch, und da es sich um jugendliche Mönche, z. T. Kinder, handelt, ist auch die Sicht aus der nun zweiten Reihe durchaus gegeben.
Jetzt ist es richtig dunkel – bis auf den Vollmond und die Millionen von Lämpchen, Leuchten natürlich, die Bestandteil dieses Umzugs sind. Nicht zu vergessen die Feuerreifen, Fackeln und anderes offenes Feuer, das den Zug begleitet. Das sieht manchmal richtig gefährlich aus. Und so werden die Peitschenknaller und Feuerschwenker wohl auch bewusst bei diesen Peraheras eingesetzt, um die Menschen hinter einer gewissen Linie am Straßenrand zu halten und sie nicht zu nahe an das Geschehen herankommen zu lassen. Es folgt Gruppe auf Gruppe, Tänzer, die den Rhythmen ihrer eigenen Musikgruppe folgen, weitere Instrumentalgruppen, Trommler, Fahnenträger, Fackelträger, ganze Feuerräder, die hier geschwungen werden, was äußerst gefährlich aussieht aber souverän beherrscht wird. Und dann kommt der große Elefant. Die Menschen erheben sich und rufen Gebete oder Ähnliches, werfen Blüten. Vor dem großen Tier liegt eine Stoffbahn in der Mitte der Straße, oder besser ein Stoffstück, das nach seinem Darüberschreiten hinter ihm wieder aufgerollt wird. Mit diesem Stück läuft man wieder nach vorne und legt es aus, damit der Elefant es wieder betreten kann. Das heilige Tier – oder zumindest die heilige Reliquie auf seinem Rücken – darf mit dem einfachen, schmutzigen Straßenbelag nicht in Berührung kommen, daher die weißen Tücher. Es folgen noch einige Tanz- und Musikgruppen, und dann ist der Zug zu Ende.
Erstaunlich, wie schnell sich alles auflöst und die Straßen wieder frei werden. Gewiss ist der „Lindwurm“ noch nicht am Ende, d. h. an der Mantinda Tempelschule angekommen, da fließt hier an der Stelle des Ehrenpavillons schon wieder der Verkehr.
Ein tolles Erlebnis!